Bügeln zur Entspannung – Interview mit Lidia Molnar

  • Überarbeitet:
  • Lilly Barak

Lidia Molnar, 48, ist in Alba Iulia, Rumänien, aufgewachsen und später auch ihrem Mann begegnet. 2001, nach der Geburt ihrer beiden Söhne, ist die Familie für ein besseres Leben nach Sevilla, Spanien, ausgewandert. Ihre Söhne, ihre Freunde und ihr Herz sind immer noch dort. Sie selbst lebt und arbeitet seit sieben Jahren mit ihrem Mann in der Schweiz.

Wie sind Sie Haushaltshilfe geworden?

Ich habe jahrelang im Service gearbeitet, elf Jahre davon als Geschäftsführerin eines Hotels mit anliegendem Restaurant. In der Schweiz wollte ich daran anknüpfen, doch mir fehlten die dafür erforderlichen Deutschkenntnisse. Daraufhin habe ich ein paar Reinigungsfirmen kontaktiert, weil viele der Angestellten Spanisch oder Portugiesisch sprachen. Auch wenn nach dem Entschluss, meinen alten Job auf zugeben, Zweifel aufkamen, habe ich mit der Zeit festgestellt, dass die Arbeit als Putzhilfe viele Vorteile hat. Ich habe jetzt an Wochenenden und Feiertagen frei.

Wie ist es für Sie, mehrere Arbeitgeber zu haben?

Ich mag es, meinen Arbeitsplan selbst zusammenzustellen. Zurzeit arbeite ich für vier Familien, die ich persönlich kenne und bei denen ich weiss, wie sie ihre Wohnung hinterlassen haben möchten. Bei der Reinigungsfirma damals war das anders: Ich wurde einfach eingeteilt, hatte wechselnde Arbeitgeber und wusste nicht, wie meine Vorgängerin geputzt hatte. Das fand ich zu stressig.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?

Ich arbeite ca. 35 Stunden pro Woche. Den Grossteil davon bin ich bei einer sechsköpfigen Familie aus Schweden. Wenn ich da um 8 Uhr ankomme, läuft die Spülmaschine schon. Ich putze die Küche fertig, mache die Betten, wasche die Wäsche und lege sie zusammen. Danach räume ich die Spielsachen weg. Manchmal koche ich den Kindern auch etwas. Bei schönem Wetter gehen wir auf den Spielplatz oder fahren Rad.

Wie ist die Beziehung zu Ihren Arbeitgebern?

Gut! Mit meiner Arbeitgeberin aus Sevilla trinken wir gerne Kaffee und plaudern. Manchmal vergessen wir dabei die Zeit und ich komme nicht mehr zum Arbeiten. «Mach das einfach später» ,sagt sie mir dann (lacht). Eine andere Familie hat mich letztens zum Abendessen eingeladen, das war sehr schön. An Geburtstagen werde ich beschenkt, und haben die Kinder Geburtstag, schenke ich ihnen etwas. Ich liebe diese Kinder, meine eigenen sind ja schon erwachsen.

Haben Sie einen Reinigungstrick?

Ich mag es, meine Putztücher nach Farben zu trennen; eine Farbe pro Reinigungsbereich: Grün für die Küche, Gelb fürs Badezimmer und Blau fürs Wohnzimmer. So ist es hygienischer. Ich habe dieses System bei der Reinigungsfirma gelernt und wende es auch bei mir zu Hause an.

Wer putzt bei Ihnen zuhause?

Ich. Das tue ich gerne, besonders Bügeln. Ich höre dazu Musik und kann entspannen. Mein Sohn findet das merkwürdig, da er immer Kleidung kauft, die nicht gebügelt werden muss (lacht). Das Kochen übernimmt mein Mann, da ich das nicht gerne mache.

Welche Musik hören Sie bei der Arbeit?

Ich liebe es, spanische Musik zu hören. Seit zwei bis drei Monaten höre ich auch deutsche Musik, z.B. von Andrea Berg, und Podcasts, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern.

Gab es einen besonderen Moment?

Es gibt viele, vor allem, wenn man mit Kindern arbeitet. Ich schaue auf einen 5-jährigen Jungen, und er liebt Züge. Wir gehen oft an den Bahnübergang in der Nähe, um die vorbeifahrenden Züge zu zählen: «Eins, zwei, drei… zehn!» Er könnte stundenlang zusehen, ohne sich zu langweilen.

Wo machen Sie Ferien?

Zweimal im Jahr besuchen wir meine Familie in Rumänien. Doch mein Leben spielt sich hauptsächlich in Sevilla ab. Alle meine Freunde und das Meer, das ich so vermisse, sind dort. Deshalb nutzen wir Weihnachten, Ostern und jede weitere freie Minute, um nach Sevilla zu reisen. Obwohl meine Kinder schon erwachsen sind, legen wir viel Wert darauf, im Sommer eine Woche zusammen zu verbringen.

Wie verbringen Sie Ihren freien Tag?

FaIn der Schweiz gibt es viele schöne Berge und Seen. Vor Kurzem haben wir zwei Kajake gekauft, mit denen wir bei schönem Wetter an den Zürichsee oder an die Limmat gehen. Abends sehen wir uns gerne spanische Fernsehprogramme an, die sind sehr unterhaltsam. Und wann immer ich Zeit finde, lese ich, am liebsten Romane von Julio Navarro oder Miguel Delibes.

Was sind Ihre Zukunftspläne?

Unser Traum ist es, uns mit unseren Kindern in Sevilla etwas Eigenes aufzubauen. Etwa eine kleine Reinigungsfirma oder ein Bio-Lebensmittelgeschäft. Da meinem Mann Renovierungsarbeiten liegen, wäre auch etwas in dieser Richtung denkbar. Momentan sind wir aber sehr zufrieden mit unserem Leben in der Schweiz und bleiben mit Sicherheit noch eine gewisse Zeit hier.

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