«Nur drei Prozent Männer in der Haushaltshilfe»

  • Überarbeitet:
  • Lilly Barak

Ob Kinder- und Seniorenbetreuung oder Putzhilfe: In Privathaushalten werden fast nur Frauen angestellt. Das drückt die Löhne.

Darum geht’s

  • In der Schweiz arbeiten mehrere hunderttausend Haushaltshilfen.
  • Eine Analyse von quitt. zeigt, dass es ein extremes Geschlechter-Missverhältnis gibt. Nur drei Prozent der Haushaltshilfen sind Männer.
  • Vergleichsweise hohe Männeranteile unter den Haushaltshilfen haben einzig die Kantone Jura (20%), Neuenburg (15%) und Wallis (9%).

Seien es Nannys, Reinigungs- und Pflegepersonal oder Nachhilfe-Lehrkräfte: Mehrere hunderttausend Haushaltshilfen sind in Schweizer Privathaushalten angestellt. Erstmals zeigt nun eine Analyse, wie einseitig das Geschlechterverhältnis in der Schweiz bei diesen Jobs ist. Die Zahlen stammen von der Zürcher Firma quitt., welche für Haushaltshilfen Administrationsaufgaben übernimmt. Von den 5452 bei quitt. registrierten Arbeitsverträgen privat angestellter Haushaltshilfen wurden nur gerade 150 mit Männern abgeschlossen, das sind knapp drei Prozent.

«Extremes Geschlechter-Missverhältnis»

Ein «extremes Geschlechter-Missverhältnis» nennt Firmensprecher Bernhard Bircher-Suits die tiefe Männerquote. «Wir wussten zwar, dass die grosse Mehrheit der bei uns abgerechneten Haushaltshilfen Frauen sind. Dass es aber nur rund drei Prozent Männer sind, hat uns doch erstaunt.» Vergleichsweise hohe Männeranteile unter den Haushaltshilfen haben einzig die Kantone Jura (20%), Neuenburg (15%) und Wallis (9%). Eine Erklärung könnte zumindest für die Kantone Jura und Neuenburg die tendenziell höhere Arbeitslosigkeit sein. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Appenzell-Ausserrhoden, Nidwalden, Obwalden, Schaffhausen, Tessin und Uri liegt der Männeranteil hingegen bei null.

97 Prozent aller bei quitt. registrierten Haushaltshilfen sind Frauen

Deutlich mehr Männer ausserhalb von Privathaushalten

Die Zahlen wurden von Claudia Hablützel von der Paritätischen Kommission für die Reinigungsbranche etwa so erwartet. Deutlich mehr Männer gebe es hingegen bei Reinigungsarbeiten ausserhalb von Privathaushalten, wo auch schweres Gerät zum Einsatz komme, sagt Hablützel. Im Bereich der Haushaltshilfen beobachtet sie, dass viele Kundinnen und Kunden gezielt nach Frauen suchten. Diese Erfahrung hat auch Reinigungsfachmann Noel Gomez aus Zürich gemacht. «Männer, die in privaten Häusern putzen – da sind viele Leute skeptisch», sagt Gomez. «Es herrscht das Klischee vor, dass Männer die Arbeit nicht gleich gründlich erledigen wie ihre weiblichen Kolleginnen.» Er sei aus diesem Grund sogar schon einmal von einer grossen Hochschule abgewiesen worden.

«Höherer Männeranteil könnte zu höheren Löhnen führen»

Die Firma quitt. verweist darauf, dass die ungleiche Geschlechterverteilung Auswirkungen auf die Löhne hat. «Ein höherer Männeranteil könnte zu insgesamt höheren Löhnen bei Haushaltshilfen führen», sagt Bernhard Bircher-Suits. «Dafür gibt es Anhaltspunkte aus anderen Branchen wie der Sozialarbeit, wo früher der Frauenanteil extrem hoch und die Löhne tief waren.»

Autor: Mirko Plüss, NZZ am Sonntag, 07.08.2021

 

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